Ein typisches Beispiel ist der "Zeiselwagen", von seinen Benutzern liebevoll "Linienschiff", "Luftbiskotten" oder "Lemonikraxn" genannt. Als gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Wien die sonntäglichen Visiten aufs Land in Mode kamen, zwängten sich so viele Ausflügler auf die Holzbänke dieser erstmals für jedermann erschwinglichen Transportmittel, dass die Kutscher mit ihren typischen weißen Hüten, vulgo "Pinsch", auf den Deichselstangen sitzen mussten. "Durch diese Fuhrwerke ist es auch der ärmsten Klasse möglich, sich am Sonntag auf dem Land zu unterhalten und dort tiefste und nachhaltende Beglückung der Seele nach dem grauen Alltag des Großstadtlebens zu finden", notierte ein sozialromantischer Wienbesucher anno 1833.
Um ihr Seelenleben ging es den Ausflüglern damals allerdings ebenso wenig wie den Heurigenbesuchern heute: Was sie suchten (und fanden) waren kulinarische Genüsse und bodenständige Unterhaltung. Im Paradeisgartel auf der Mölkerbastei promenierte man zwischen Springbrunnen und Salettln oder trank im Kaffeehaus des einstigen Spions Pietro Corti Limonade und Mandelmilch, in Schönbrunn besuchte man die exotischen Elefanten, im Augarten ließ man sich vom Hoftraiteur Jahn die besten Weine und Liköre servieren, und wer viel Zeit hatte, machte zuerst eine kurze Pilgerfahrt um den Kalvarienberg und delektierte sich anschließend bei den fliegenden Händlern an Brezeln und türkischem Honig, gesponnenem Zucker und picksüßem Marzipan.
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