Sonntag, 22. Februar 2015

Bandlkramer & Wasserer

Zu den ebenso kuriosen wie liebenswerten Seiten Wiens zählt die Liebe seiner Bewohner zur Musik, und da wieder ganz speziell zum Wienerlied. "Die Verherrlichung einer Stadt ist keineswegs so selten, wie die Wiener glauben", schreibt Stasi Lohr in ihrem mittlerweile vergriffenen Buch über Wien uns seine Lieder: "Auch die Bewohner von Paris, Neapel, New York und Berlin preisen ihre Stadt. Aber die Wienerische Mischung ist halt anders und etwas Besonderes.... denn die Liedertexte sind so etwas wie moderne Märchen".
Märchen, die unter anderem von Berufen erzählen, wie es sie in dieser Form nur in Wien gegeben hat: Wäschermadln mit kurzem Rock und "keck chaussirten" Wadeln, Bandlkramer, die Zwirn und Schneiderzubehör verkauften, Lavendelweiber, die im Sommer mit ihren Büscherln durch die Straßen zogen, und last, but not least, die von den Wienern mit liebevollem Tadel bedachten Strawanzer, deren Hauptbeschäftigung im ziellosem Flanieren durch die engen Gassen der Stadt bestand.
Im Gegensatz zu Wäschermadln und Bandlkramern gibt es die Strawanzer immer noch. Und seit neuestem auch eine StrawanzerIn: So heißt nämlich die Beilage zur Obdachlosenzeitung "Augustin", die ihrerseits wieder eine Kuriosität darstellt: Mit 70.000 verkauften Exemplaren pro Monat ist sie allen Wiener Raunzereien zum Trotz eine der erfolgreichsten Straßenzeitungen der Welt – und der beste Beweis dafür, dass Wien und die Wiener in jeder Beziehung "anders" sind.

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