Sonntag, 22. Februar 2015

Sparsarg & Schöne Leich

Ein Spaziergang durch die Gräberreihen zeigt aber auch: Für die Ewigkeit ist den Wienern nichts zu teuer. Mit der "schönen Leich", einer Beisetzung in großem Stil mit prunkvollem Kondukt, professionellen Grabrednern und opulentem Leichenschmaus, erweisen sie ihren Nächsten die letzte Reverenz. Immerhin die Hälfte aller Hinterbliebenen entscheidet sich für das kostspielige "Begräbnis erster Klasse". 
Gespart wird lieber anderswo. Und das schon seit ewigen Zeiten. Als Kaiser Joseph II. 1785 den "Sparsarg" verordnete, einen wieder verwendbaren Sarg mit Klappe auf der Unterseite, durch die der Tote ins Grab befördert werden konnte, stieß er auf erbitterten Widerstand. So genial die Erfindung auch war, die Wiener lehnten sie strikt ab, machten ihrer Entrüstung in Tumulten und Protestmärschen Luft und zwangen den Herrscher, seine Verordnung wieder zurückzunehmen.
Mit einer anderen Verordnung hatte die Obrigkeit mehr Glück. Obwohl der Eröffnung des ersten wirklich interkonfessionellen Friedhofs im Jahre 1874 bewegte Kontroversen vorausgingen, fand man einen Kompromiss. Heute gibt es in der Simmeringer Totenstadt neben dem katholischen Teil und den Ehrengräbern fünf weitere "Stadtviertel": Die alte und die neue israelitische Abteilung, die zusammen rund ein Drittel des gesamten Friedhofareals einnehmen, die evangelische Abteilung, die russisch-orthodoxe Abteilung, die Gedenkanlage für die Opfer im Kampf um Österreichs Freiheit 1934 – 45 und den "Friedhof der Roten Armee", wo die Grabinschriften in cyrillischer Schrift eingemeißelt sind.

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